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Spitzengespräch 2025 - Die Kommune am Steuer: Schule gestalten

Schule braucht Kommunen

Spitzengespräch mit kommunalen Führungskräften thematisiert Möglichkeiten für ein stärkeres Engagement der Kommunen in der Gestaltung von Schule.

Die Gestaltung von Schule ist eine Angelegenheit der Kommunen! Darüber herrschte Einigkeit unter den 36 Landrät:innen, Beigeordneten und weiteren Führungskräften aus Kommunen in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Beim 5. Spitzengespräch zum Thema „Schule gestalten“ im Gesellschaftshaus der BASF in Ludwigshafen holten sich die Teilnehmenden Impulse für ein stärkeres Engagement der Kommunen in den Schulen.

Schule muss sich verändern

Wie viel Zeit verbringen 7-12-Jährige pro Woche mit Schule und Hausaufgaben? Mit dieser Frage an die Teilnehmenden setzte Katja Wolf in ihrer Begrüßung den Ton der Veranstaltung. Es sind mehr als 37 Stunden. Tendenz steigend. Diese Zahl macht klar: Schule wird immer mehr zum Lebensort für Kinder. Schule müsse sich verändern, damit die Grundbedürfnisse der Kinder dort gestillt werden können. Und weil sich das Lernen verändert mit veränderten Rahmenbedingungen einer von Unsicherheit und stetem Wandel geprägten Welt, anderen Inhalten und neuen Kompetenzen, die notwendig sind, um in dieser Welt zu bestehen.

Wie Schule sich verändern könne, dafür gebe das Papier „Bessere Bildung 2035“, das die Wübben Stiftung Bildung gemeinsam mit drei Bildungsministerinnen erarbeitet hat, einen guten Rahmen vor. „Jede Schule für sich genommen ist ein System, das wiederum eingebettet ist in ein regionales, soziales und soziokulturelles System, das es umgibt und auf das es zurückwirkt.“ Dieses umgebende System gelte es für die Schule zu aktivieren. „Und grundlegend dazu gehört, die Versäulung der verschiedenen Hilfesysteme aufzubrechen, die Unterstützung aus Bildungseinrichtungen, Kinder- und Jugendhilfe und Sozialsystem zusammenzuführen und so Synergien zu schaffen“, heißt es in dem Positionspapier. Katja Wolf formulierte daraus ihre Botschaft an die Teilnehmenden: Wir müssen raus aus der Versäulung der einzelnen Systeme und rein in die Kooperation vor Ort!

Sie machen den Unterschied!

Dr. Markus Warnke stellt sich für seinen Vortrag die Frage, wo man als Kommune konstruktiv an Schule arbeiten kann. Erster Ansatzpunkt könne der Übergang von der Grundschule auf die weiterführenden Schulen sein. Was in einem Projekt der Wübben Stiftung gut funktioniert habe, war das Zusammenbringen von Lehrkräften beider Schulformen, das zu einer Harmonisierung der Ansätze zum Beispiel in der Mathematik geführt hat. Mit wenig Aufwand gab es schnell erste Effekte. Gute Ansatzpunkte biete auch das Startchancen-Programm. Alle drei Säulen sollten verzahnt gedacht werden. Und Kommunen hätten in allen drei Säulen Verantwortung, dass das Programm gelingt. Dazu gehöre auch, gezielt mit Blick auf die zentralen Ziele zu agieren. Denn: Der Neubau einer Turnhalle sei zwar wichtig, bringe aber keine Verbesserung im Lesen und Schreiben. Umgekehrt könne man den Schulbau nutzen, um innere und äußere Schulgestaltung zusammen zu bringen. Sein Appell an die anwesenden kommunalen Spitzen: „Sie haben viel Einfluss auf kommunaler Ebene. Seien Sie sich dessen bewusst und gestalten Sie mit!"

Wenn Schule vor Ort richtig gut gelingen würde, worauf käme es an?

Mit dieser Frage eröffnete Katja Wolf die Diskussion mit den Teilnehmenden. Annette Becker, Leiterin des Fachbereichs Grundsatzthemen am Bildungscampus Saarland, machte deutlich, dass Kinder ein natürliches Bedürfnis haben zu lernen. In der Schule töte man diesen natürlichen Antrieb aber systematisch ab. Die Frage sei, wie man es schaffen könne, dass Kinder gerne in die Schule und fröhlich wieder aus der Schule nach Hause gingen. Schulleitungen sähen das ebenfalls als Priorität. Wie können wir Schulen also wieder zu Orten machen, an denen Schülerinnen und Schüler sich wohl fühlen und kreativ sein können? 

Barbara Reinert-Benedyczuk als Leiterin der Abteilung Frühkindliche Bildung, Ganztag und schulische Unterstützungsangebote im Ministerium für Bildung Rheinland-Pfalz betonte den Zusammenhang von Schulbau und inneren Schulangelegenheiten. Laut der neuen Schulbaurichtlinie in Rheinland-Pfalz sei es zentral, dass auf der Basis eines pädagogischen Konzepts geplant werde. Denn Schulbau sei immer auch Schulentwicklung. Und mit dem richtigen Rahmen käme man auch bei begrenzten Mitteln zu guten Ergebnissen. Es gehe aber auch um Erwartungsmanagement: Schulen und Bildung wandelten sich nicht von heute auf morgen.

Einigkeit herrschte unter den Diskutanten, dass man nur dort gerne lernt, wo man sich wohlfühlt.  Vernetzung und Austausch zwischen Schulen und Verwaltung sollten vorangebracht werden.

Was wünschen sich Kinder für ihre Schule?

Welche Wünsche an Schulgestaltung äußern Kinder selbst? Was brauchen Sie für ihren Vollzeittag in der Schule? Diese wichtige Perspektive von Kindern und wie sie Ganztag und Schulgestaltung erleben, präsentierte Katalin Farkas für die Arbeitsgemeinschaft der Familienorganisationen in Rheinland-Pfalz (AGF). Dazu stellte Frau Farkas die in Malinterviews entstandenen Zeichnungen von Grundschulkindern aus Rheinland-Pfalz auf Stellwänden aus. Zusammen mit den verschriftlichten Kommentaren der Kinder konnte jeder Teilnehmende einen Eindruck gewinnen, welche Themen die Kinder umtreiben. Mehr zur gesamten Studie und dem im Nachgang durchgeführten Fachtag der AGF lesen Sie hier:

Zur Dokumentation

Eine Verbandsgemeinde bringt sich ein

Die Verbandsgemeinde Weißenthurm verfolgt ein erweitertes Verständnis von gelingender Bildung und Schulträgerschaft, das eine Einbindung der gesamten Schulgemeinschaft beinhaltet. Sven Normann, Fachbereichsleiter Jugend, Familie, Bildung in der Verbandsgemeinde Weißenthurm betonte, die Kommune verstehe Schulentwicklung als kontinuierlichen Prozess und gestalte Gelegenheiten für eine schulkonzeptionelle Arbeit. Das sei z. B. beim Schulbau und der Konzeption von Gebäuden der Fall. Vor einem Neubau einer Clusterschule erprobe man das Konzept mit willigen Lehrkräften, bevor es an den Bau geht. Durch eine Kommunikation unter den Schulen, versuche man effizienter zu werden. Indem drei Schulen gemeinsam an der Planungsphase 0 arbeiteten, hätten sich Möglichkeiten ergeben, mit einem Planungsbüro für alle drei Schulen zu arbeiten und so Kosten zu sparen. Aber auch jenseits von Schulbau brauchten Lehrkräfte Raum, um sich über ihre pädagogischen Konzepte auszutauschen. Diesen Raum könne man den Schulen als Verbandsgemeinde bieten.

Starten geht vor Planen

Yannik Schult vom InnovationHub berichtete aus einem Pilotprojekt mit der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung, in dem mit Methoden der agilen Co-Kreation die Entwicklung des Ganztags in einem Zeitraum von 6 Methoden angegangen wurde. Mit innovativen Methoden und von „außen“ kommend, habe man ein kreatives Arbeiten ermöglicht. Wichtig bei dieser Art des Arbeitens sei, mit dem zu beginnen, was schon gut umsetzbar oder fast fertig ist. Nicht mit dem, was dringlich ist, aber lange dauert. Es gebe eine transparente Herangehensweise: Alle teilen offen mit, wo sie gerade stehen. Formale Entwicklungslogiken seien durch „agile Spielregeln“ ersetzt worden. „Einfach mal probieren, dann verankern“, umschreibe die Herangehensweise ganz gut. Man solle nicht vorher schon zu viel darüber reden, wo neue Strukturen verankert werden können, sondern erstmal ausprobieren. Im Pilotprojekt habe sich aus diesem Ansatz ein Kernteam gebildet, das sich nun des Themas Ganztag annehme.

Gemeinsam Verantwortung für Schule übernehmen

Landrat Heiko Sippel aus dem Landkreis Alzey-Worms stellte in seinem Beitrag klar, dass Netzwerkarbeit für ihn eine Aufgabe des Landkreises ist, trotz schwieriger Haushaltslage. Man habe die Gemeinden ins Boot geholt und so auch eine Vernetzung der Grundschulen ermöglicht. Dadurch sei es möglich geworden, ein gemeinsames Verständnis einer Bildungslandschaft zu entwickeln und gemeinsam Verantwortung für den Bildungserfolg der Kinder und Jugendlichen im Landkreis zu übernehmen. Mit dem Förderprogramm „Bildungskommunen“ arbeiteten derzeit Grundschulleitungen und Schulträger gemeinsam an Verbesserungen der Sprachförderung, einer der größten Herausforderungen für die Kinder und die Fachkräfte von morgen. Der Vorteil einer Verantwortungsgemeinschaft für die Schulbildung vor Ort liege auf der Hand, so Sippel: Sie sei ressourcensparend, erlaube effiziente zielorientierte und nachhaltige Lösungen und erhöhe die Wirksamkeit der einzelnen Institutionen.

Unser Fazit

Nur wo man sich wohl fühlt, lernt man gerne. Schulen müssen zu attraktiven Lernorten werden.

Wichtig ist eine Vernetzung von Schulverwaltungen und Schulen. Ein kleiner Schritt, der viel bringen kann.

Auch Lehrkräfte brauchen Raum, um sich auszutauschen. Das können Landkreise und Städte organisieren.

Die Familiengrundschulzentren sind ein Hebel, um die Säulen Schulverwaltung und Jugendhilfe zu verzahnen und Eltern und Sozialraum einzubinden.

Kommunen haben in allen drei Säulen des Startchancen-Programms eine Verantwortung für das Gelingen des Programms.

Es geht auch um ein realistisches Erwartungsmanagement: Schulen und Bildung wandeln sich nicht von heute auf morgen.

Wir müssen gemeinsam an einem Strang ziehen und engagiert einen Marathon hinlegen – in Zusammenarbeit von Bund, Land und Kommunen.

© Piotr Banczerowski / Regionalagentur RLP-SL

Benjamin Koltermann

Teamleitung Kommunikation und Veranstaltungen

Dr. Franziska Ziegelmeyer

Wissensmanagement

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