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Thementagung 2024 - Demokratie will gelernt sein!

Demokratie leben

Unsere Thementagung "Demokratie will gelernt sein – Wie kommunale Bildungsangebote ihren Beitrag leisten."am 09.10.2024 im CongressForum Frankenthal machte Mut, Demokratiebildung vor Ort anzugehen, dranzubleiben und etwas zu erreichen.

Zur Begrüßung formulierte Dr. Katja Wolf, Leiterin der Regionalagentur, die Frage, wie die Demokratie durch Bildung gestützt werden kann. Allzu deutlich sei, dass Demokratie keine Selbstverständlichkeit ist. Demokratiebildung allein werde den Rechtstrend nicht aufhalten, stelle aber einen Weg dar, der aktuellen Situation zu begegnen. Demokratie sei eine Lebensform, die immer wieder gelernt und erfahren werden müsse. Insbesondere im Kleinen vor Ort. 

Die Mitte muss lernen!

Was unsere Demokratie gefährdet und was Kommunen dagegen tun können
 

Die Dramaturgie der Tagung verlief „von düster zu hell“: In seiner Keynote erläuterte Dr. Florian Pfeil, Leiter der Fridtjof-Nansen-Akademie für politische Bildung in Ingelheim, die Strategien der „Neuen Rechten“ in Deutschland zur Unterwanderung der liberalen und parlamentarischen Demokratie. Das Gefährliche sei die Systematik, die paradoxerweise auf dem dreiteiligen Plan des Antifaschisten Antonio Gramsci der 1920er Jahre basiert. Die Prämisse ist das Verständnis, dass es vor einer faktischen Revolution eine Revolution des Denkens geben müsse. Zunächst müsse die politische Kultur in einem Land verändert werden, bevor die Menschen bereit seien auf die Straße zu gehen und einen Systemumsturz zu wagen. Diese Strategie setze mit Meinungsbildung im vorpolitischen Raum, im Kleinen, privaten oder sogar familiären Bereich an. Eine wichtige Rolle bei dieser Metapolitik der rechten Akteure spielt sprachliche Provokation sowie „Selbstverharmlosung“. Gerade durch ihr Vorgehen in den sozialen Medien wie TikTok erreichen diese Akteure Jugendliche und junge Erwachsene. Aus diesem Grund betonte Dr. Pfeil u. a. die Relevanz von aufsuchender politischer Bildung.

In der anschließenden Gesprächsrunde zur Frage: „Klappt Demokratiebildung vor Ort?“ holte Moderatorin Dr. Franziska Ziegelmeyer Erfahrungsberichte von drei Expert:innen ein und diskutierte mit ihnen, was Demokratiebildung tatsächlich leisten kann. Elmar Dörfers, Referent für Demokratiebildung von der Fachstelle Bildung | Entwicklung | Raum | Integration | Demokratie (FaBERID), machte dafür aus der Leitfrage eine Aussage: Demokratiebildung funktioniere nur in der Kommune. Die Teilnehmenden der Gesprächsrunde waren sich einig, dass es der Selbstwirksamkeitserfahrung durch Partizipation bedarf. Dabei müssten sich die Angebote nicht anfühlen wie ein Demokratieprojekt. Jessica Trogler von der Koordinierungs- und Fachstelle (KuF) Hermeskeil-Ruwer des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ setzte auf die Nutzung des vorpolitischen Raumes: Es brauche mehr Räume der Begegnung. Anhand von zwei Holzstühlen des Kunstprojektes „Tafel des Friedens“ veranschaulichte sie, wie ein gefördertes Projekt von „Demokratie leben!“ aussehen kann. Aus ihrer Rolle bei der Bearbeitung von Anträgen zur Demokratieförderung habe sie gelernt, dass die größten Auftragshürden in der Zeit und Formalität liegen. Elementar für das Bestehen solcher Projekte wäre die Vertrauensgemeinschaft innerhalb der Kommune.

Petra Schanze von der Decken von der Demokratie- und Ehrenamtsförderung - kommunales Bildungsbüro Neustadt an der Weinstraße informierte über die Bestrebungen der Stadt mit einer eigenen Stelle das Thema anzugehen, um so der besonderen Stadtgeschichte gerecht zu werden. Letztes Jahr habe der Stadtrat das Gesamtkonzept „Demokratiestadt“ verabschiedet und in den Mittelpunkt der Stadtkommunikation gerückt. Diese Sichtbarkeit solle helfen, Demokratie erfahrbar und erlebbar zu machen. Eines von vielen Projekten der Demokratiebildung, dass sie vorstellte, ist eine vom städtischen Projekt „Jugend stärken im Quartier“ mit Gymnasiastinnen und Gymnasiasten initiierte „Erinnerungsführung“ zu ‚Stätten der Demokratie- und Diktaturgeschichte.

Aufsuchende Demokratiebildung - ein Format für die Zukunft?

Mit dem gesammelten Wissen aus der Austauschrunde, ging es zum Blick in die Praxis, bei dem Martina Dowidat vom Bildungsbüro der Stadt Kaiserslautern ein Fazit über das Projekt „Lautrer Demokratieladen“ zog. Trotz des Projektzuspruchs der Stadtbevölkerung, seien vornehmlich Personen erreicht worden, die sich ohnehin mit dem Thema auseinandersetzten. Wichtig sei es, in einem nächsten Schritt mittels aufsuchender Demokratiebildung gerade die Menschen zu erreichen, die nicht ihren Weg in einen Demokratieladen fänden. Mithilfe der Persona-Methode diskutierten die Teilnehmenden die Bedürfnisse besonderer Zielgruppen miteinander und wie diese künftig besser zu erreichen wären. 

Jugendbeteiligung im Praxistest

Über die richtigen Kommunikationswege machte sich auch Dr. Melanie Seidenglanz Gedanken. Die Projektleiterin Arbeitsmarkt und Bildung der Metropolregion Rhein-Neckar, bot Einblicke in die Projekte der Jugendbeteiligung, wie DemocracyNow, Youth.Engagement.Participation und Jugend für Demokratie. Soziale Medien spielten in diesen Projekten eine wichtige Rolle, um die Zielgruppe zu engagieren. Man versuche zu begeistern, einzuladen und Lust zu machen. Vor allem bei Menschen, die man sonst nicht erreiche. Neben kreativen Ideen wie Graffiti- und Impro-Workshops gehöre auch die Verpflegung mit zum Konzept: „Hotdog & HotTopic“ oder „Pizza & Participation“. 

Abschlussimpuls

Im Abschlussimpuls rückte Dr. Florian Pfeil die Erwartungshaltung zurecht: „Wer ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild hat, ist nicht durch Demokratiebildung zu erreichen. Es geht nicht darum Menschen zu überzeugen, es geht darum Menschen in die Lage zu versetzen für ihre Werte einzutreten.“ Der Experte fasste die Stimmung am Ende des Tages zusammen: "So wie ich die Energie heute hier erlebe, ist mir um die Demokratiebildung nicht bang. Ich gehe heute zufrieden nach Hause."

© Piotr Banczerowski / Regionalagentur RLP-SL

Benjamin Koltermann

Teamleitung Kommunikation und Veranstaltungen

Dr. Franziska Ziegelmeyer

Wissensmanagement

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